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Projektmanagement Normen Stand 2020

Aus Kür wird Pflicht – Projektmanagement wie ISO 9001 zertifizieren?

Was meinen Sie, brauchen wir in Deutschland eine Norm für das Projektmanagement, um auch hier eine Zertifizierung erlangen zu können, wie z. B. die ISO 9001? Es handelt sich dann um einen Management System Standard (MSS).

Im Moment wird auf internationaler Ebene diese Diskussion geführt. Viele Nationen befürworten die zertifizierungsfähige Norm (MSS) im Bereich Projekt-, Programm und Portfoliomanagement. Das aktuell stärkste Argument für eine solche Norm ist, dass damit das Projektmanagement in Unternehmen/Organisationen gestärkt, bzw. ernst genommen und somit mehr Ernsthaftigkeit auf dem Thema liegen würde. Wichtig zu wissen ist, dass es, wie bei der ISO 9001, keine Zertifizierungspflicht gibt!

Grundsätzlich gibt es Normen für das Projektmanagement schon seit den 1970-er Jahren in Deutschland (DIN 69900). Seit 2009 auch für Multiprojektmanagement (DIN 69909). Internationale Normen zum Projektmanagement werden erst seit 2007 entwickelt und seit 2012 veröffentlicht. Als erste übergreifende internationale Projektmanagement Norm kam 2012 die ISO 21500 auf den Markt, gefolgt von der ISO 21504 (Projektportfoliomanagement) und ISO 21503 (Programmanagement). Alle bis heute erschienenen Normen sind sogenannte Guidelines und keine MSS, also nicht zertifizierungsfähig. Sie lassen sich auf Wunsch aber auch in das bestehende Managementsystem eines Unternehmens integrieren. Eine Zertifizierung ist bis jetzt für diese Normen nicht möglich und gewünscht. Deutschland ist aus unserer Sicht die letzten (fast) 50 Jahre mit diesem Vorgehen, der Guideline, gut gefahren, auch wenn es jede Menge verschiedener Formen der Umsetzung gibt und das Eine oder Andere verbessert werden könnte. Auch ohne einen MSS ist es Stand heute bereits möglich, in einer Ausschreibung die DIN 69901 bzw. DIN 69909 oder die internationalen Normen anzuziehen und für die Vergabe verpflichtend zu machen. In der Praxis ist das erfahrungsgemäß allerdings sehr selten.

Warum soll jetzt ein MSS eingeführt werden?

In vielen Ländern der Welt ist Projektmanagement noch eine jüngere Disziplin und die nationalen Normungsgremien, wie z. B. das DIN in Deutschland, sind noch nicht so lange am Markt, bzw. sind für die Industrie kein maßgeblicher Einflussfaktor. Oft werden die ISO Normen zu nationalen Standards umgeschrieben oder auch 1:1 übernommen. Auch haben die wenigsten Länder eine prozessorientierte Projektmanagement Norm (DIN 69901) wie wir in Deutschland. Wir haben sogar eine Norm für Multiprojektmanagement (DIN 69909). Das ist eine Ursache für den Bedarf, dass einige Länder gerne eine Norm hätten, die weltweit anerkannt und vor allem „stark“ ist. Mit der Umwandlung zu einem MSS der bestehenden ISO Normen zum Projektmanagement soll das gelingen.

Im DIN Ausschuss, der für Projektmanagement zuständig ist (NQSZ4), ist eine Mehrheit der Vertreter gegen die Einführung eines MSS, da damit aus Sicht der Mitglieder nur ein erhöhter Mehraufwand für die Organisation verbunden wäre. Denn neben ISO 9001 und Co. müsste ggf. eine weitere Zertifizierung durchgeführt werden.

Eine Mehrheit im Gremium gäbe es, wenn die ISO Norm für Projektmanagement in die ISO 9001 vollständig integriert würde, doch ist das aus Expertensicht nicht möglich. Alleine schon deshalb, weil es auf ISO Ebene zwei verschiedene Gremien für diese Normen gibt und alle bisher erarbeiteten ISO Normen für Projektmanagement damit vom Markt genommen werden müssten.

Des Weiteren sind die deutschen Normen zum Projektmanagement und Multiprojektmanagement teilweise detaillierter und flexibler in der Anwendung, als es die ISO Normen sind. Mit dem Fakt, dass unsere deutschen Normen zu 100% kompatibel mit den ISO Normen sind, erscheint es nachvollziehbar, warum Unternehmen sich für die deutsche Norm entscheiden. Hier schlagen Unternehmer zwei Fliegen mit einer Klappe.

Doch was würde ein MSS ggf. für die Praxis bedeuten?

Hier ein Einblick, worüber wir ggf. sprechen, anhand von Beispielen aus der Norm für die Bahntechnik (Quelle: ISO TS 22163). In dieser Norm sind bereits klare Vorgaben für das Projektmanagement zur Umsetzung von Bahnprojekten beschrieben.

Beispiel 1 aus der ISO TS 22163 (Arbeitspakete):
„Die Organisation muss sicherstellen, dass der gesamte Arbeitsumfang festgelegt, in Arbeitspakete aufgeteilt, überwacht und verifiziert wird.“

Beispiel 2 aus der ISO TS 22163 (Kostenmanagement):
„Es muss ein Prozess zum Kostenmanagement eingeführt sein,…. um die Kostenentwicklung bei jedem Arbeitspaket und bei jedem Posten der gesamten Kostenaufschlüsselung regelmäßig zu verfolgen, einschließlich der Ermittlung eines Schätzwertes der Kosten bis zur Fertigstellung.“

Beispiel 3 aus der ISO TS 22163 (Kompetenzen):
„Die in Abschnitt 6.2 dieses Standards beschriebenen Anforderungen in Hinblick auf das Managen von Kompetenz, Schulung, Bewusstsein, Motivation und Befähigung sowie Leistung müssen auf die Ebene von Projektteams herunter gebrochen werden.“

Beispiel 4 aus der ISO TS 22163 (Projektplan):
Der Projektzeitplan muss:

  • die Dauer, den Beginn, das Ende und die Abhängigkeiten der Arbeitspakete einschließlich derer externer Anbieter enthalten;
  • den kritischen Pfad enthalten;

Diese Beispiele zeigen, dass die Anforderung recht präzise formuliert und in der Regel auch als MUSS (eng: shall) Anforderung in der Norm aufgenommen sind. Damit hat kein Unternehmen mehr Freiheitsgrade, um das Projektmanagement auf ihre individuellen Bedürfnisse abzustimmen. Das Unternehmen muss diese Punkte erfüllen, um der Norm gerecht zu werden, sollte es sich zertifizieren lassen wollen.

Doch es gibt auch Vorteile, wenn wir einen Management System Standard (MSS) für das Projektmanagement bekommen würden.

Erstens ist die sehr einfache Integration in das Management System einer Unternehmung zu nennen, da der Aufbau jedes MSS derselbe ist. Somit wäre die Norm für Projektmanagement genauso aufgebaut wie z.B. die ISO 9001 oder ISO 50001. Durch eine Zertifizierung im Bereich Projektmanagement könnte die Projektabwicklung vereinheitlicht und ggf. auch besser werden, da alle Unternehmen, die sich haben zertifizieren lassen, auf derselben Basis operieren. Wie gut das einzelne Projektmanagement dann in der Umsetzung ist, steht allerdings noch auf einem anderen Blatt. Dazu könnten sich ggf. auch Unternehmen Kosten sparen, da heute in der Regel das Individuum, sprich der Projektmanager, zertifiziert wird. Je nachdem, wie viel Projektmanager ein Unternehmen hat, können das hohe Kosten bedeuten. Dies könnte man ggf. durch eine Zertifizierung des Unternehmens ändern. Auch wäre dann das Zertifikat, welches ein Mitarbeiter hat, beim Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht „verloren“, da die Zertifizierung auf das Unternehmen, wie bei der ISO 9001, ausgestellt ist.

Wie so häufig hat auch diese „Medaille“ zwei Seiten: gibt viele Punkte, die dafür und auch dagegen sprechen, dass ein weltweiter MSS für das Projektmanagement etabliert werden sollte.

Aus unserer Sicht ist es nicht wichtig, ob der MSS kommt oder nicht. Denn jedes Unternehmen, welches Projektmanagement für sich als Erfolgsschlüssel etabliert hat, wird auf eine gute und nachhaltige Umsetzung des Projektmanagements wertlegen. Egal ob auf Basis von DIN, ISO oder einem anderen Standard.

Wie denken Sie darüber? Wo stehen Sie, Ihre Unternehmung in Sachen Projektmanagement? Eine unabhängige Standortanalyse (Reifegradermittlung) gibt dazu Aufschluss. Interesse? Sprechen Sie jetzt mit uns (+49-8152-929929-0) und vereinbaren Sie ein erstes kostenloses Beratungsgespräch.

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